Barfuß mit Tempo 70 übers Wasser

Die Ärztin Dr. Stefanie Kirsch ist fünffache Weltmeisterin im Barfuß-Wasserski. Der schnelle Sport sorgt für ordentlich Nervenkitzel – und wenn der Fahrer im Boot nicht aufpasst, auch mal für heiße Füße.

Name: Dr. Stefanie Kirsch

Geburtsdatum: 17.05.1969

Beruf: Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, mit eigener Praxis für medizinische Kräftigungstherapie, Diplom Osteopathische Medizin

Hobbys: Barfuß-Wasserski, Kieser Training, Radfahren, Inlinern, Wandern

Kraft bedeutet für mich: die Grundlage für meinen Alltag und für mein größtes Hobby Barfuß-Wasserski.

Um diese Aufgabe dürfte sie jeder Fußballfan beneidet haben: Als Stefanie Kirsch noch Sportstudentin in Saarbrücken war, lernte sie Fußballgrößen wie Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und Pierre Littbarski persönlich kennen. Sie durfte den berühmten Sportlern Blut abnehmen. Wie kam das? Ihr Professor, Wilfried Kindermann, war zehn Jahre lang Mannschaftsarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Der Internist und Sportmediziner Kindermann weckte auch Kirschs Interesse an der Medizin. Und so packte sie auf ihr Sportstudium kurzerhand noch ein Medizinstudium drauf. Heute führt die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie zwei eigene Praxen für Kräftigungstherapie und arbeitet eng mit Kieser Training zusammen.

Zum ausgesprochenen Fußballfan wurde Dr. Stefanie Kirsch trotz der Begegnung mit den Nationalspielern nicht. Statt im Stadion verbringt sie ihre Freizeit lieber auf dem Wasser. Die Ärztin fährt Barfuß-Wasserski, bei dem man wie beim Wasserski hinter einem Boot hergezogen wird – nur eben ohne Bretter unter den Füßen. Und das macht sie so gut, dass sie inzwischen Weltmeisterin im Slalom und vierfache Weltmeisterin im Springen ist. Seit ihrem 18. Lebensjahr ist Kirsch Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft –unterbrochen von einer elfjährigen Familienpause.

Siegerehrung bei der WM in Wisconsin 2016. Dr. Stefanie Kirsch wird zum dritten Mal in Folge Weltmeisterin im Springen/Ü30.

„Das Wasser muss hart genug sein, damit die Füße einen tragen können“

Im Unterschied zum klassischen Wasserski ist die Barfuß-Variante deutlich schneller: 60 bis 70 km/h sind nötig, um über Wasser zu bleiben. „Das Wasser muss hart genug sein, damit die Füße einen tragen können“, erklärt Kirsch. Das höhere Tempo gleicht die kleinere Auflagefläche aus. Mit Skiern unter den Füßen reicht die halbe Geschwindigkeit. Es tut nicht weh, barfuß über das Wasser zu brettern, versichert sie. Es sei denn, der Fahrer wird zu schnell: „Ab etwa 75 km/h wird es heiß unter den Füßen.“ Grundsätzlich lässt man sich nicht einfach hinter dem Boot herziehen, sondern springt, fährt Slalom oder macht Drehungen oder Salti. Am schwierigsten für Kirsch ist es, beim so genannten „Toehold“ den Handgriff nur mit einem Fuß zu halten und dabei freihändig, nur auf dem anderen Fuß, weiterzufahren.

Wie kommt man auf so eine vergleichsweise exotische Sportart? Laut Wasserskiverband wird die Barfuß-Variante gerade mal von zehn Vereinen in Deutschland angeboten. Einer der Gründe: Es ist relativ teuer. Ein Wasserskilift kommt in der Regel nicht auf die nötige Geschwindigkeit, um barfuß zu fahren. Die Vereine müssen daher in jedem Fall ein Motorboot finanzieren und unterhalten – was deutlich mehr kostet, als einfach einen Wasserskilift zu nutzen.

Das Training

Stefanie Kirsch trainiert zweimal pro Woche bei Kieser. Sie macht ein Ganzkörpertraining mit Schwerpunkt Rumpf, da man beim Barfuß-Wasserski viel Kraft aus dem Bauch holt. Wichtig sind außerdem trainierte Arme und Beine.


Barfuß-Wasserski als Familiensport

Bei Kirsch war es Zufall: Sie wuchs als Hotelierstochter in der Nähe von Trier an der Mosel auf, unweit einer Wasserskischule. Dort lernte sie nicht nur Barfuß-Wasserskifahren, sondern verliebte sich auch in den Betreiber der Schule und den Pionier dieser Sportart, ihren jetzigen Ehemann Franz Kirsch. Klar, dass auch die gemeinsame Tochter Jacky infiziert wird. Die 17-jährige Jacky Kirsch ist genau wie ihre Mutter nur schwer ans Telefon zu bekommen und eigentlich immer auf dem Sprung. Als Kind fand sie den Wassersport manchmal nervig, heute genießt sie den Adrenalin-Kick. Und sie schlägt sich gut: Sie ist bereits mehrfache Europameisterin im Barfuß-Wasserski der Junioren und hat es bei Weltmeisterschaften zweimal auf den dritten Platz geschafft.

Aber für Jacky ist klar: „Mama ist ehrgeiziger“. Das merkt sie zum Beispiel beim gemeinsamen Training: Dabei muss man zu dritt sein, einer fährt das Boot, einer passt auf und einer lässt sich ziehen. Da fährt sie lieber das Boot und zieht die Mama, statt selbst aufs Wasser zu gehen.

Die frisch gebackene Weltmeisterin mit ihrer Tocher Jacky.

Beim Turnanzug wird diskutiert, beim Barfuß-Anzug nicht

Für Mutter Stefanie Kirsch bedeutet der Sport nicht nur Freude und Nervenkitzel, sondern er ermöglicht ihr auch viele Reisen und weltweite Kontakte. Auch für die Familie ist der Sport wichtig. Ehemann Franz Kirsch, der dieses Jahr 75 wird, fährt ebenfalls noch selbst. Die Familie besitzt zwei Boote und wenn die nicht funktionieren, leidet die Stimmung. Jacky lacht darüber, dass ihre Mama seit drei Jahren ein neues Auto kaufen will und es doch nicht macht. Bei einem neuen Boot würde ihr das nicht passieren, davon ist die Tochter überzeugt. Als sie einmal einen neuen Turnanzug für 40 Euro haben wollte, musste sie lange mit ihrer Mutter diskutieren. „Einen neuen Barfuß-Anzug für 300 Euro hätte sie mir sofort gekauft“, sagt Jacky.

Durch das Barfuß-Wasserski ist die Familie viel gemeinsam unterwegs – zum Training, wenn es hier im Winter zu kalt ist und zu internationalen Wettbewerben. Innerhalb Europas reisen sie gemeinsam mit dem Wohnmobil. Das gemeinsame Hobby schweißt zusammen. Und es schafft besondere Momente, wie 2016 bei der Weltmeisterschaft in Wisconsin: Die Mutter war gerade ganz knapp Weltmeisterin geworden – ihre ersten beiden Sprünge waren zu kurz, beim dritten ging sie auf volles Risiko und es klappte. Stefanie Kirsch kam im Boot an den Startsteg zurückgefahren. Tochter Jacky war als nächstes dran. So trafen die beiden im Boot aufeinander und die Tochter war die Erste, die ihr gratuliert hatte. Sie klatschten sich ab. Dann ging Jacky an den Start.

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Text: Monika Herbst
Fotos: Franz Kirsch