Vom Pferdesattel in den Chefstuhl

Einen Businessplan schreiben, Bankgespräche führen –  für den gelernten Pferdewirt Thomas Proch war das Neuland. Heute ist er erfolgreicher Franchisenehmer bei Kieser Training und würde niemals vergessen, seine Putzleute zu begrüßen.

Name: Thomas Proch

Geburtsdatum: 03.10.1962

Beruf: Betreiber verschiedener Kieser Training-Studios, gelernter Pferdewirt

Hobbys: Reisen, Golf, Kitesurfen, Training, Kochen

Kraft bedeutet für mich: die Basis für ein aktives und glückliches Leben.

„Es hat zum Glück heute geregnet“, sagt Thomas Proch. Ein Satz, der mitten im schmuddelig-nassen deutschen Winter erst einmal verwundert. Die Erklärung: Thomas Proch befindet sich gerade in Südafrika. Eigentlich lebt er mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Büttelborn bei Frankfurt, seit einigen Jahren überwintert die Familie in Kapstadt. Dort ist es jetzt zwischen 20 und 30 Grad warm. Nur der Regen ist manchmal knapp, weshalb sich Thomas Proch darüber freut. Genug hat er dagegen von Kälte. Als gelernter Pferdewirt musste er im Winter in den Ställen zu oft bitterlich frieren. Heute muss er das nicht mehr: Er betreibt elf Kieser Training-Studios an verschiedenen Standorten wie Darmstadt, Offenbach, Aachen oder Aschaffenburg. Und das ist auch vom warmen Südafrika aus möglich …

Erwähnt man bei Kieser den Namen Proch, heißt es oft spontan: „Der ist nett“. Mit freundlichen, blauen Augen blickt er unter buschigen Augenbrauen hervor. Seine kurzen, braunen Haare sind lockig und lassen den 55-Jährigen fast jungenhaft aussehen. Er trägt ein sportliches, kariertes Hemd und man kann sich gut vorstellen, wie er auf einem Pferd sitzt. Aber das macht er nicht mehr. Er, der Tierfreund, der zehn Jahre seines Lebens täglich mit Pferden verbracht hat, hat aufgehört mit dem Reiten. Er sagt, dass es ihm keine Freude mehr macht. Fünf, sechs Stunden ist er über Jahre hinweg täglich geritten. Es war irgendwann einfach zu viel. Und vielleicht mag er sich auch nicht gerne an die Zeit als Pferdewirt erinnern.

Harte, körperliche Arbeit – für 200 Mark im Monat

Thomas Proch ist in Iffezheim bei Baden-Baden aufgewachsen. Dort gibt es eine Galopprennbahn, auf der er sich als Schüler oft aufhielt. Er mochte die Pferde und ihn faszinierte das abenteuerliche, mit vielen Reisen verbundene Leben im Galopprennsport. Nach dem Hauptschulabschluss, als 15-Jähriger, begann er eine Ausbildung zum Pferdewirt. Er arbeitete sieben Tage die Woche und bekam dafür als Lehrling gerade mal 200 Mark (102 Euro) im Monat, als fertiger Pferdewirt 1000 Mark (511 Euro). Die Arbeit im Stall begann morgens im Sommer gegen 5.30 Uhr und im Winter gegen 6.30 Uhr. Er mistete Boxen aus, fütterte, putzte, sattelte und ritt die Pferde. Ab Mittag hatte er ein paar Stunden Pause, die er meist zum Schlafen nutzte. Sein Zimmer teilte er mit mehreren Kollegen. Um 16 Uhr begann die zweite Schicht: Er musste wieder Boxen ausmisten und die Pferde versorgen, bis abends. Das war körperlich harte Arbeit. Auch an den Wochenenden hatte er nicht frei: Er fuhr mit den Pferden zu Rennveranstaltungen, putzte und sattelte die Tiere und führte sie nach dem Rennen wieder trocken. Oft kam er erst spät nachts zurück. Trotzdem musste er am nächsten Morgen wieder in den Stall.

Thomas Proch verliert kein schlechtes Wort über die Zeit als Pferdewirt und über die Menschen, die ihn als jungen Kerl für ein Taschengeld so viel schuften ließen. Aber er weiß, wie es sich anfühlt, nur sehr wenig Geld zu haben und darauf angewiesen zu sein, dass einem ein Pferdebesitzer mal 10 oder 20 Mark als Trinkgeld zusteckt. Heute, in der Rolle des Arbeitgebers, ist es ihm deshalb wichtig, seine Mitarbeiter so gut wie möglich zu bezahlen. Er möchte sich nicht auf Kosten anderer bereichern. Auch ein Umgang auf Augenhöhe ist ihm wichtig. Ihm sind Situationen zuwider, wie einmal in Simbabwe, als er beobachtete, wie ein Mann seinen Untergebenen im Regen zum Autowaschen nach draußen schickte, nur um diesen zu schikanieren und zu zeigen, dass er der Chef ist. Thomas Proch ist bewusst, dass auch bei uns in Deutschland ein gleichwertiges Miteinander nicht überall die Regel ist – und achtet deshalb umso mehr darauf, dass beispielsweise die kurdische Familie, die seit vielen Jahren sein Studio in Darmstadt reinigt, voll ins Team integriert ist. Ist er selbst vor Ort in einem Studio, wird jeder Mitarbeiter mit Handschlag begrüßt.

Das Training

„Ich hatte einfach zu wenig Kraft“, sagt Thomas Proch heute. Hätte er das nur schon damals gewusst: Er war 30, als die Rückenschmerzen anfingen. Drei Jahre lang ging er von Arzt zu Arzt. Keiner konnte ihm helfen, bis ihn ein Mediziner schließlich zu Kieser Training schickte. Dort fing er an, gezieltes Rückentraining zu machen – und war seine Rückenschmerzen im nu los. Seitdem trainiert er regelmäßig zweimal pro Woche.


„Solche Leute ziehe ich mit“

Wie geht so ein freundlicher Mensch mit Angestellten um, mit denen es Schwierigkeiten gibt? „Ich bin relativ hart“, sagt er. Und während man noch überlegt, ob er das wirklich ist, ergänzt er: „Aber das musste ich erst lernen.“ Früher hat er die Schuld eher bei sich gesucht, wenn es Probleme mit jemandem gab, hat überlegt, ob er etwas falsch gemacht oder eine Situation nicht richtig verstanden hat. Geholfen hat ihm der Blick von außen, der Austausch mit anderen Franchisenehmern bei Kieser, die ihm klar gemacht haben, dass es nicht geht, wenn ein Mitarbeiter ständig morgens kurz vor Dienstbeginn anruft und sagt, dass er nicht kommen kann. Und gleich schränkt er auch ein: „Wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen oder wegen persönlicher Probleme mal vorübergehend nicht so kann – solche Leute ziehe ich mit.“

Wie viel Ehrgeiz und starker Wille neben aller Fairness in ihm steckt, ahnt man, wenn er von seinem Anfang bei Kieser Training erzählt: Er war um die 30, arbeitete inzwischen als Anzeigenverkäufer für einen Verlag, als ihn schlimme Rückenschmerzen zu Kieser Training führten. Die Rückenschmerzen wurde er durch das Training schnell los und als sich das Anzeigengeschäft verschlechterte, fand er dort auch eine berufliche Perspektive: Kieser Training suchte Franchisenehmer und er hatte Interesse. Nach einigen Vorgesprächen lud Werner Kieser ihn nach Zürich ein. Das Gespräch fand Thomas Proch zunächst seltsam: „Sie werden viel arbeiten müssen und es wird lange dauern, bis Sie Geld verdienen. Ich muss Ihnen abraten“, hatte der Unternehmens-Gründer damals zu ihm gesagt. „Nein, das ist das, was ich machen will“, hatte Thomas Proch widersprochen – und den Vertrag bekommen. Erst später erfuhr er, dass Werner Kieser auf diese Weise herausfinden wollte, ob der Bewerber auch wirklich überzeugt von seinem Vorhaben war.

Als Franchisenehmer fährt man auf einer Straße mit Leitplanken

Das war er. Auch wenn ihn die Aufgaben, die vor ihm lagen, zunächst komplett überforderten. Businessplan schreiben, Bankgespräche führen – von all diesen Dingen hatte er keine Ahnung. Er holte sich Hilfe bei einem befreundeten Betriebswirt und eröffnete mit 37 Jahren sein erstes Studio in Frankfurt. Wieder arbeitete er bis zum Umfallen, diesmal aber für sein eigenes Unternehmen. Und mit Erfolg. Wie hat er das hinbekommen, als Quereinsteiger ohne Branchen- und Wirtschaftskenntnisse? Das Franchisekonzept von Kieser Training war für ihn wie eine Straße mit Leitplanken. Es war okay, beim Fahren auch mal Fehler zu machen und Schlangenlinien zu fahren. Dass er trotzdem auf der Straße blieb und weiter vorankam, dafür sorgten die Leitplanken, die Unterstützung aus der Zentrale.

Was seine Aufgabe zusätzlich erleichtert, ist seine Art, an Dinge ranzugehen: unvoreingenommen, optimistisch und ohne Angst vor Entscheidungen. Bei Kieser hat er zudem gelernt, Verantwortung abzugeben: „Du hast nur zwei Hände. Wenn du so viel Arbeit hast, dass zwei Hände das nicht mehr schaffen, such dir andere Hände, die die Arbeit genauso machen, wie du es machen würdest“, hieß es. Das hat er getan. Heute behält er vor allem den Überblick, prüft Kennzahlen oder liest Qualitätskontrollen. Vor Ort kümmern sich vertrauenswürdige Geschäftsleiter um die Studios. Mit ihnen stimmt er sich per Mail und Telefon ab, das geht auch von Südafrika aus. Dabei bleibt ihm genug Zeit, morgens seine beiden fast vierjährigen Jungs in den Kindergarten und seine fast siebenjährige Tochter in die Schule zu bringen – und die Wärme in Kapstadt zu genießen.

Text: Monika Herbst
Foto: Verena Meier